Zum Rücktritt als ACV-Präsident

Bild: Privat

Am 28. Juni 2022 habe ich die Mitglieder des Allgemeinen Cäcilienverbandes für Deutschland in einem Rundschreiben informiert, dass ich zum 7. Juli 2022 mein Ehrenamt als Präsident niederlege.

Nicht zuletzt durch zwei ACV-interne Informationsschreiben sowie öffentlichen Mitteilungen auf der ACV-Homepage und in der Musica sacra 4/2022 dazu, kam es zu Irritationen und Nachfragen.

Zur Klärung und Beantwortung dieser veröffentliche ich hier den Wortlaut meines Rundschreibens:

Sehr geehrte Mitglieder des ACV,

zum 7. Juli 2022 stelle ich mein Amt als Präsident des ACV zur Verfügung. Mein Rücktritt, der für manchen überraschend kommen mag, hat mehrere Gründe.

Im Bistum Passau sind persönlich weitere Tätigkeitsfelder hinzugekommen, aber auch die Aufgaben im Referat für Kirchenmusik haben deutlich zugenommen. Unter anderem durch die immer noch andauernde Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie, aber auch mit Blick auf die Situation der Kirche generell ist die Inanspruchnahme als Diözesanmusikdirektor stark angewachsen. Dazu gehört auch die öffentliche Benennung meines Vorvorgängers im Amt des Diözesanmusikdirektors als Missbrauchstäter; hier besteht Handlungsbedarf, der auf längere Frist viele Kräfte binden wird.

Gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen seitens des Arbeitgebers deutlich verändert: So gab es gravierende Stellenstreichungen im Referat Kirchenmusik. Notwendige ACV-Verpflichtungen können nur mehr außerhalb der regulären Arbeitszeit wahrgenommen werden.

Dies bedeutet auf Dauer für mich und meine Familie eine unzumutbare Belastung; die erstmals ehrenamtliche Tätigkeit als ACV-Präsident ist so nicht mehr zu leisten.

Ein kurzer Blick zurück sei erlaubt:

Von den gewaltigen juristischen, finanziellen und strukturellen Problemen, die seit Jahrzehnten angewachsen waren, konnte ich einige angehen, so die Statusänderung des ACV nach staatlichem Recht zu einem rechtsfähiger Verein bürgerlichen Rechts, nach kirchlichem Recht zu einem privaten kanonischen Verein. Der Vorstand hat sich zudem eine erste Geschäftsordnung gegeben.

Auf Initiative des Vorstandes und in Absprache mit dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) wurde in der Geschäftsstelle durch den VDD eine Innenrevision durchgeführt; die Punkte, bei denen sich hieraus Handlungsbedarf ergab, wurden größtenteils umgesetzt – auch wenn die Konsequenzen teilweise schmerzlich waren.

In der Corona-Pandemie konnten wir besonders in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Chorverband Pueri Cantores, über die ich mich ebenso sehr freue wie ich für sie dankbar bin, durch Hygienekonzepte und eine Teststrategie verantwortbare Formen des gemeinsamen Musizierens entwickeln. Wir konnten „Geburtshilfe“ beim Verband für Christliche Popularmusik in den Diözesen Deutschlands leisten und so eine Kontinuität für überdiözesane Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Neuen Geistlichen Liedes sicherstellen; die entsprechende Jahresfachtagung findet nun unter dem Dach des ACV statt.

Der dritte Durchgang des ACV-Chorleitungswettbewerbs „Spitzenklänge“ und die erstmalige berufsbegleitende Fortbildung „Chorleitung vermitteln“ (in Zusammenarbeit mit der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen) konnten realisiert werden. Dagegen kamen die Exerzitien für hauptamtliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker trotz zweimaligen Anlaufs wegen der Pandemie nicht zustande.

Das vom ACV herausgegebene Büchlein „Aus den Tiefen. Kunst in Zeiten von Corona“ ist weit rezipiert worden und hat sich als einzigartiger interdisziplinärer und spiritueller Beitrag in der Krise erwiesen.

Dennoch konnte ich vieles nicht abschließend regeln. Die zahlreichen anfangs genannten organisatorischen Schritte sind auch nur ein Vorlauf zu wichtigen und einschneidenden Maßnahmen, die nun noch folgen müssen.

Zentral wird die aus meiner Sicht nach wie vor offene Frage bleiben, wofür der ACV heute inhaltlich steht. Das, was ihm gute 125 Jahre Sinn und Halt gegeben hat, gibt es nicht mehr oder hat sich fundamental geändert. Wie können wir unser Gründungsanliegen fortschreiben und ins Heute bringen? Wie können wir es mit Leben füllen, ohne Gefahr zu laufen, dass Strukturen die Inhalte dominieren und so zum Selbstzweck werden oder dass aktivistische Vernetzung sich selbst genügt?

Über die Fortführung der Amtsgeschäfte und das weitere Prozedere informiert Sie ein eigenes Schreiben der Geschäftsstelle. Diese und das verbleibende Präsidium sind nach wie vor Ihre Ansprechpartner.

Selbstverständlich bleibe ich unserem gemeinsamen Anliegen der Pflege, Förderung und „Verheutigung“ der Kirchenmusik in anderer Zuständigkeit treu.

Ich danke einer und einem jeden von Ihnen für jegliche Form der Zusammenarbeit und das Begleiten, Mittragen und Fördern des gemeinsamen Anliegens.

Mit musikalischen Grüßen

KMD Dr. Marius Schwemmer

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