Bennenung eines Missbrauchstäters

Bild: pbp

Vor ca. einem Jahr wurde mein Vorvorgänger im Amt des Diözesanmusikdirektors, P. Nobert Weber OFMCap (1933-2000) öffentlich vom Bistum Passau und dem Kapuzinerorden als Missbrauchstäter benannt:

Zahlreiche Medien haben diese Meldung aufgegriffen und beobachten diesen Fall und seine Entwicklung ebenso wie die gerade die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker im Bistum Passau.

Persönlich trifft diese öffentliche Benennung wie jede zu sexualisierter Gewalt und zu Missbrauch unbeschreiblich. Als Elternteil will und kann man es sich nicht vorstellen, sein Kind jemanden anzuvertrauen, in die Obhut von jemanden zu geben, und es muss dann so etwas erleben. Als Musiker ist es für mich furchtbar und unbeschreiblich schmerzlich, wenn die Nähe, die Musik bzw. das Musizieren braucht und zugleich entstehen lässt, nicht respektvoll bleibt, sondern missbraucht und pervertiert wird. Als Nachnachfolger und Fachverantwortlicher für die Kirchenmusik im Bistum Passau erzeugt dieser Fall eine unbeschreibliche Spannung: Einerseits war P. Norbert Weber, seit 1978 Referent für Kirchenmusik und Liturgie im damals neu errichteten Passauer Seelsorgeamt, zudem auch Orgel- und Glockensachverständiger im Bistum die diözesane Kirchenmusik auf- und ausgebaut und konnte offensichtlich für die Kirchenmusik begeistern; so sehr, dass durch dieses kirchenmusikalische Vorbild Kolleginnen und Kollegen hauptamtliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker geworden sind. Andererseits dann diese unbeschreibliche, unfassbare und furchtbare Seite von P. Norbert Weber.

Bisherige Reaktionen und Maßnahmen des Referats Kirchenmusik

Wir haben umgehend und mehrfach bzw. wiederholt über alle unsere Verteiler und Kanäle über die Benennung von P. Norbert Weber als Missbrauchstäter durch die Diözese informiert mit dem Appell, die Kehrverse, die von ihm im Gotteslob-Eigenteil stammen oder ihm anhand der Überlieferung und Quellenlage zugeschrieben werden, nicht weiter zu verwenden, um Missbrauchsopfer durch deren Verwendung nicht weiter zu verletzen.

Wir haben eine Liste mit Kehrversalternativen zusammengestellt und veröffentlicht bzw. versandt. Diese enthält teils Kehrverse mit urheberrechtlich freien Noten (oder bei denen die Urheberrechte beim Referat Kirchenmusik liegen), teils Verweise auf alternative Kehrverse in anderen Büchern (z. B. dem Gotteslob von 1975).

Derzeit arbeiten wir daran, diese vorgeschlagenen Alternativen als Beiheft zum Gotteslob komplett mit Noten zu veröffentlichen und sind hier in der Rechteeinholungsphase. So sind diese Alternativen dann zusammengestellt und mit einem kurzen Hinweis versehen bereits vor Erscheinen einer neuen Auflage des Gotteslobs mit dem Eigenteil Passau greifbar.

Es wurden von unserer Seite sofort alle Kompositionen bzw. Werke mit einer künstlerischen Eigenleistung von P. Norbert Weber aus dem Umlauf genommen. So sind diese nicht mehr über das Referat Kirchenmusik oder den Domladen erhältlich.

Derzeit werden seine zahlreichen Arbeitshilfe schließlich aus diesem Kontext heraus überarbeitet und dann neu aufgelegt.

Zwei „generelle Konsequenzen“ aus diesem Fall

1. Umgang mit dem „musikalischen Nachlass“ von P. Norbert Weber

Im Laufe der Musikgeschichte erfahren Komponisten immer wieder eine neue Bewertung und Rezeption wegen z. B. antisemitischer oder politischer Einstellungen. Ohne das abschwächen oder gegeneinander abwägen zu wollen: Hier geht es derzeit (erst einmal) nicht um eine musikgeschichtliche oder musikwissenschaftliche Einordnung des Komponisten P. Norbert und seines Werkes oder der Bewertung seiner künstlerischen Qualität, sondern darum zu vermeiden, dass lebende Betroffene durch die Begegnung mit seiner Musik re-traumatisiert werden.

Alle im Referat Kirchenmusik greifbaren Kompositionen von P. Norbert Weber werden auch weiterhin dokumentiert und archiviert, aber von uns für die kirchenmusikalische Praxis nicht ausgegeben. Darüber hinaus versuchen wir in allen Kontexten, die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker im Bistum für die o. g. Retraumatisierungsmöglichkeit von Betroffenen durch die Begegnung mit Musik von P. Norbert Weber zu sensibilisieren

2. Prävention

Neben diesem Blick von der Vergangenheit bis in die Gegenwart geht es auch um einen um einen Blick von der Gegenwart aus in die Zukunft:

Es ist uns Anliegen und Bedürfnis, sexua­li­sier­ter Gewalt und Missbrauch im (kirchen-)musikalischen Umfeld - bei Unterricht, Proben, „Auftritten“, Ensembleausflügen oder -reisen etc. kei­nen Raum zu bie­ten.

So geht es auch um die Sensibilisierung für die Thematik in kirchenmusikalischen Kreisen und die Förderung eines achtsamen Miteinanders sowie um die Mitarbeit am Institutionellen Schutzkonzept der Präventionsabteilung des Bistums Passau mit dezidierter Betrachtung der musikalischen Kontexte.

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